Eine frohe Weihnachtszeit
Die
wahre Geschichte vom Knecht Ruprecht (Nach Sigrid
Früh)
Wenn im Dezember die
Winterstürme brausen beginnt zur Wintersonnenwende die Weihnachtszeit. An den heiligen 12 Tagen, der Zeit zwischen
Weihnachten und dem Drei-Königstag am 6. Januar, glaubten in früheren Zeiten
und auch noch heute die Menschen, dass Frau Holle zu den Menschen komme. Sie,
die über die Natur Macht hat, würde die neue Sonne, die längeren Tage bringen
und die bösen Wintergeister verjagen. Mancherorts nennt man sie auch Perchta
oder Berchta oder einfach die Heilige Frau, die weiße Frau. In diesen
Raunächten suchten und riefen die Menschen die Heilige Frau.
Einmal nun war der Wilde Jäger mit seinem Gefolge im Mittwinter unterwegs als
ein Pferd des Gefolges ein Eisen verlor und sein Reiter mit ihm und seinem Hund
zurückbleiben musste. Als er versuchte, den hohen Zug einzuholen, verirrte er
sich im Wald.
Endlich fand er eine Hütte mitten im Wald. Ganz allein stand sie da und
eine arme Witwe mit ihren 5 Kindern hauste darin. Der Knecht war ein alter,
raubeiniger Geselle mit einem langen grauen Bart. Er stieß die Tür unwirsch
auf. Ohne ein Wohin oder Woher polterte er in die Stube und sein
Hund sprang auch gleich die Kinder an, so dass eines hin fiel und sich
verletzte.
Ja, er trat einfach ein und verlangte barsch nach Speis und Trank. Wie ihr
euch vorstellen könnt, erschrak die arme Frau. Sie brachte dem Fremden sofort was sie noch auf
dem Herd hatte, dazu ein Brot, alles was sie hatte, denn sie wollte ihn
zufrieden stellen. Der Reitersknecht aß und trank streckte sich auf der
Ofenbank aus, lehnte sich an die Wand und versuchte alsbald ein wenig zu
schlafen.
Die Frau hatte ein Lichtlein auf den Tisch der Kinder gestellt, das flammte
und knisterte, und nach dem dunklen Tag und der langen Zeit draußen in Regen
und Wind, waren dem Knecht die Augen empfindlich geworden. Er drehte den Kopf
zur Seite und schloss die Augen. Aber das Licht schien durch die Augenlieder
hindurch.
Da sprach er unwirsch zu der Mutter: „Lösche das Licht! Es tut mir in den
Augen weh. Siehst du nicht, dass ich schlafen will?“ Die Mutter schüttelte den
Kopf. Und obgleich sie große Furcht hatte, sagte sie: „Nein, löschen darf ich
es nicht. Es winkt der lieben himmlischen Frau, damit das Sonnenlicht heimkommt
und der Winter vorübergeht.“ Dagegen wagte der Knecht nichts zu sagen. Denn er
wusste, dass auch sein Herr, der Wilde Jäger die Himmlische Frau suchte. So brummte
er nur und wandte den Kopf ab.
Die begannen leise zu singen, und der Knecht verlangte rau: „ Frau, sag den
Kindern, dass sie das Singen unterlassen sollen, ich bin müde und will schlafen!“
Aber die Mutter verbat den Kindern mit ihren zarten Stimmchen nicht das
Singen. Obwohl sie nun doppelt so viel Furcht hatte sagte sie: . „Hörst du denn
nicht, dass es ein Lied zur Weihnacht ist? Ach, wie käme die himmlische Frau,
das Licht zu uns zu bringen, wenn wir sie nicht mit dem Singen der Kinder
riefen?“
Was sollte der wilde Knecht da widersprechen, da sie doch solch einen Namen
nannte? Also legte er sich wieder zurück und versucht erneut einzuschlafen.
Als die Frau aber dann ging, um die Tür einen Spalt zu öffnen, obwohl es bitterkalt draußen war und die Schneeflocken hineintanzten, der Rauch sich im Herd aufwirbelte, geriet der Knecht außer sich: „Sag Weib, was hast du denn jetzt vor? Du weißt doch, dass ich friere und schlafen will...“ Aber die Frau entgegnete ganz sanft: „Die weißte Frau muss doch die Kinder hören und das Licht sehen, ich fürchte sie könnte sonst vorübergehen.“
Als der Knecht nun so viel vernahm, von der heiligen Frau, die sein Herr auf
langen Ritten so vergeblich suchte, wunderte er sich und kam ins Grübeln. Er
blinzelte sogar heimlich zum Türspalt, ob nicht wirklich eine fremde Frau vorbei
käme. Aber er sah nur das Gesicht der Mutter, das so hoffnungsvoll nah draußen
schaute.
Da rührte sich sein Herz und seine rauen Worte taten ihm leid. So wollte er
seine Grobheiten an den Kindern wieder gutmachen. Und weil das eine Kind, das
sein Hund umgeworfen hatte, immer noch am Knie blutete, stand er auf, trat
hinzu und strich ihm über die Wunde. Sogleich hörte sie auf zu rinnen.
Die Kinder hatten, als er nahe kam, aus Furcht die Köpfe niedergebeugt,
ohne mit dem Singen einzuhalten. Nun sahen sie, dass der fremde Mann es gut
meinte mit ihnen und sie fassten Vertrauen zu ihm.
Eines der Kinder, das großen Hunger hatte, fragte: „ Darf ich ein Stück von
dem Brot haben, dass du übrig ließt?“ Da brach er von dem Laib ein Stück ab. Er
machte sich sogar die Mühe und besprach das Brot. Da wurde es so süß wie Kuchen und schmeckte
den Kindern.
Weil das Lied nun wirklich zu Ende war trauten sich die Kinder näher zu dem
wilden Knecht. Ein kleines Mädchen zeigte ihm ein Pferdchen, dem fehlten Kopf
und Schwanz.
„Kannst du es mir heil machen?“ fragte das Mädchen. „Ohoho, wenn es weiter
nichts ist“, lachte der Mann und ging daran beides wieder anzuflicken.
Währenddessen dachte er an seinen Herrn, der auch in der Heiligen Weihnacht
die Menschen beschenkt. Und er sah auf die Mutter, die ihm zuschaute und deren
Augen glänzten, ein Antlitz, wie man es nur von der heiligen Frau bekommt.
Da gefiel es ihm eifrig zu helfen und als ein Knabe einen Hund haben
wollte, knetete er ihm gleich einen, der wahrhaftig laufen und bellen konnte.
Wie schrien da die Kinder und hüpften und wünschten sich gleich alle ein
Spielzeug. Der Knecht musste seine Finger schon fleißig gebrauchen. Ein
Geschenk nach dem anderen sprang daraus hervor, Puppen und Bälle für die
Mädchen und Wagen und Reiter für die Jungen und ich weiß nicht was noch alles.
Und je mehr die Kinder lachten, und je
dankbarer die Frau ihm zusah, umso eifriger wurde der Mann.
Als er einen Apfel fand, den die Frau verwahrt hatte, machte er gleich
einen ganzen Tisch voller Äpfel daraus. Und als ein Junge ihm zwei Nüssen
zeigte, mit denen er spielte, wusste er es einzurichten, dass also bald ein
ganzer Sack voll in der Stube stand.
Denn wenn er auch nur ein Knecht des wilden Jägers war, so wusste er doch
mit allerhand guten Künsten Bescheid.
Wie der Knecht nun mitten im Werk war, zog von draußen noch einmal eine
furchtbare Sturmböe heran. Und gerade
als die Frau sich doch zu fürchten begann und die Türe schließen wollte, sprang
sie krachend auf. Der wilde Jäger trat über die Schwelle und hinter ihm ein
allmächtiges Gedränge von Herren und holden und unholden Gesellen.
Die lachten dröhnend, als sie den Alten mitten unter den Kindern sahen, das
Spielzeug in der Hand.
„Was tust du hier?“ murrte der Wilde Jäger.
Der Knecht, der sich zunächst gefreut hatte seine Leute wieder zu sehen,
merkte erschrocken, dass er sich rechtfertigen sollte.
„Ach“, sagte er „das ist schwer zu
erklären. Seht, Herr, die Kinder sagen die himmlische Frau herbei. Wie mich
dünkt, für uns alle. Man soll doch solches Singen nicht zu gering schätzen und
es belohnen, dachte ich mir.“
Die Witte hob flehend die Hände in die Höhe: „Er war so gut zu den
Kleinen.“ Rief sie fürbittend.
Der Wohljäger sah sie an, aber es war sogleich, als schaute er über sie
hinweg. Dann wandte er sich seufzend dem Reitsknecht zu. „So bleib noch“,
befahl er ihm, „und geh auch in die anderen Häuser und lass die Kinder singen.
Vielleicht, dass sie, die wir suchen, sich doch rascher zu uns wendet, wenn sie
es hört.
Da freute sich der Knecht, Ruprecht hieß er, und ist dem auch gehorsam gefolgt.
Und er geht noch heute jährlich durch die Häuser, um die guten, singenden
Menschen zu beschenken.
Aber auf Griesgrame und Besserwisser, auf Faulpelze und Hagestolze lässt er
Ruten und Plagen fallen. Denn er ist ein alter Reiter und er fackelt nicht lange.
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